Zusammenfassung
Nachhaltige Flugkraftstoffe sind neben technologischem Fortschritt das wirksamste Mittel zur Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs. Die Klimaziele für den Luftverkehr sind nur zu erreichen, wenn alle verfügbaren Optionen eingesetzt werden können. Damit nachhaltiges Fliegen allen zur Verfügung stehen kann, müssen Maßnahmen zur Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs kosteneffektiv und technologieoffen gestaltet werden. Die Einnahmen aus Maßnahmen (EU ETS, ReFuelEU) sollten genutzt werden, um den Markthochlauf nachhaltiger Flugkraftstoffe zu unterstützen.
ReFuelEU:
Wir halten die Quote für zielführend und setzen uns für eine Erhöhung auf 10% insgesamt und 2% für PtL-Kraftstoffe (Power-to-liquid) in 2030 ein. Hierbei ist wichtig:
… dass die Quote als Durchschnitt der europäischen Flughäfen berechnet wird
… dass – zumindest teilweise – auch außerhalb der EU vertankter, nachhaltiger Kraftstoff angerechnet werden kann
… eine Doppelanrechnung ausgeschlossen ist
Dies ist mithilfe einer Book-and-Claim Anrechnungsmethodik möglich. Diese erlaubt zusätzlich das Inverkehrbringen und die Nutzung von Mengen oberhalb der Quote.
EU ETS:
Eine Anpassung des EU ETS kann unter den richtigen Bedingungen den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe begünstigen. Allerdings wird selbst ein verhältnismäßig hoher Zertifikatspreis noch nicht den Preisunterschied zwischen fossilen Kraftstoffen und SAF aufwiegen können. Deshalb sollten die Einnahmen aus dem EU ETS eingesetzt werden, um Abnehmer und Produzenten finanziell zu entlasten. Dies kann mithilfe von Kohlenstoff-Differenzverträgen (Carbon-Contracts for Difference) erreicht werden.
EU ETD:
Da der Luftverkehr in das EU ETS eingebunden ist, existiert bereits ein Anreizsystem zur Emissionsreduktion. Derzeit dürfen SAF nur zu maximal 50% konventionellem Kerosin beigemischt werden. Somit würden auch diese Beimischungen besteuert werden. Deshalb halten wir eine Kerosinsteuer für nicht zielführend. Stattdessen schlagen wir Kohlenstoff-Differenzverträge zur Einführung nachhaltiger Flugkraftstoffe vor.
Anpassung RED:
Wir halten die Anhebung des Zielanteils für erneuerbare Energien für sinnvoll. Wichtig ist, dass möglichst viele Rohstoffe mit einbezogen werden und dass diese nach strikten Kriterien als nachhaltig zertifiziert sind.
Allgemein
Nachhaltige Flugkraftstoffe sind das wirksamste Mittel zur Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs. Nicht nur die Emission von Treibhausgasen, sondern auch Nicht-CO2 bezogene Klimawirkungen des Luftverkehrs können durch nachhaltige Flugkraftstoffe verringert werden (1). Insofern begrüßen wir alle Anreize, die den Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe im Luftverkehr unterstützen. Gleichzeitig müssen faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Akteure des Luftverkehrssystems sichergestellt sein.
Aktuell werden weltweit weniger als 0,1% des globalen Kerosinverbrauchs mit nachhaltigen Kraftstoffen gedeckt. Die Klimaziele für den Luftverkehr können schnellstmöglich erreicht werden, wenn alle verfügbaren Mittel eingesetzt werden können.
Die Klimaziele für den Luftverkehr können schnellstmöglich erreicht werden, wenn alle verfügbaren Mittel eingesetzt werden können. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass – zumindest vorübergehend – die erneuerbare Energie zur Herstellung strombasierter Kraftstoffe auch bilanziell aus dem Netz entnommen werden kann und nicht ausschließlich zusätzlich gewonnen werden muss.
Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass für die Technologieentwicklung von PtL-Kraftstoffen eine vorübergehende, bilanzielle Entnahme erneuerbarer Energie aus dem Netz möglich ist. Diese sollte zeitlich klar begrenzt werden bis zu dem Zeitpunkt an dem ein definierter Reifegrad der PtL-Technologie erreicht ist. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit erneuerbarer Energien ist ihre zusätzliche Bereitstellung eine essentielle Voraussetzung für nachhaltige PtL-Kraftstoffe. Herstellungsverfahren auf Basis von heute bereits im industriellen Maßstab verfügbaren Technologien benötigen langfristige Investitions- und Planungssicherheit. Gleichzeitig müssen in der Entwicklung befindliche Verfahren auf ihrem Weg zur Marktreife gefördert werden, damit das volle Potenzial nachhaltiger Flugkraftstoffe genutzt werden kann.
Luftverkehr findet international statt. Lokal unterschiedliche Regulatorik verzerrt den Wettbewerb, sie schafft unnötige Hürden beim Markthochlauf nachhaltiger Flugkraftstoffe und erzeugt unnötigen Verwaltungsaufwand.
Deshalb sollte sich Europa für weltweit einheitliche Anreizsysteme und Regulatorik einsetzen, wie bsw. CORSIA oder eine weltweit gültige Beimischungsquote.
Der internationale Transport von Personen und Gütern ist – nicht nur in Krisenzeiten – unverzichtbar. Damit nachhaltiges Fliegen weiterhin wie heute einer breiten Bevölkerung zur Verfügung stehen kann, müssen Maßnahmen zur Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs so kosteneffektiv und technologieoffen wie möglich gestaltet werden. Die Einnahmen aus EU ETS und ReFuelEU sollten deshalb zielorientiert zur Unterstützung des Markthochlaufs nachhaltiger Flugkraftstoffe genutzt werden. Insbesondere die hohe Preisdifferenz zwischen konventionellem Kerosin und nachhaltigen Flugkraftstoffen muss überwunden werden, damit Lern- und Skaleneffekte ermöglicht werden können. Dies ließe sich beispielsweise mit Kohlenstoff-Differenzverträgen (Carbon-Contracts for Difference, CCfD) realisieren.
ReFuelEU
Wir halten die Beimischungsquote für ein wirksames Instrument zur Förderung nachhaltiger Flugkraftstoffe. Um die Klimawirkung des Luftverkehrs weiter zu verringern und den Markthochlauf von SAF zu begünstigen, setzen wir uns für eine Erhöhung der Quote auf 10% in 2030 und der PtL-Subquote auf 2% in 2030 ein. Wir und zahlreiche weitere Industriepartner halten eine entsprechende Entwicklung der Produktionskapazitäten für realistisch (2),(3). Eine Maßnahme zur Unterstützung des Markthochlaufs stellt die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren im Anlagenbau dar. Zur Förderung der Entwicklung und Produktion von PtL-Kraftstoffen ist eine rechtliche Definition nachhaltiger Kohlenstoffquellen (bsw. für grünes CO2, grünes CH4 oder andere biogene Quellen) nötig, ähnlich wie es sie für erneuerbaren Strom und Wasserstoff bereits gibt.
Aus Umweltsicht ist es unerheblich, ob der unionsweite Durchschnitt an vertanktem Kraftstoff die Quote erfüllt oder der an jedem einzelnen Flughafen vertankte Kraftstoff. Zweiteres würde allerdings signifikante Mehraufwände und -emissionen in der Kraftstofflogistik verursachen. Deshalb sollte der unionsweite Durchschnitt nachhaltiger Flugkraftstoffe zur Ermittlung der Quote verwendet werden.
Gleiches gilt für die Frage ob ein Kraftstoff innerhalb oder außerhalb der EU vertankt wird. Durch geringere Produktionskosten in anderen Teilen der Erde kann es sinnvoll sein, nachhaltige Flugkraftstoffe dort zu produzieren und, um unnötigen Transport zu vermeiden, dort zu vertanken. Dies sollte zumindest für einen Teil der Quotenerfüllung in Betracht gezogen werden. So könnten weniger entwickelte Länder von der Entwicklung neuer Wirtschaftszweige profitieren. Hier muss zur Vermeidung von Doppelanrechnungen Klarheit darüber geschaffen werden, welche Emissionsminderungen in welchem System angerechnet werden können.
Diese Vorteile benötigen die Einführung eines Book-and-Claim-Ansatzes zur Anrechnung nachhaltiger Flugkraftstoffe. Durch die Erstellung von Herkunftsnachweisen für nachhaltige Flugkraftstoffe bereits ab ihrer Produktionsstätte könnten diese unmittelbar in die bestehende Logistikinfrastruktur für konventionelles Kerosin beigemischt werden. Diese Methodik bietet noch weitere Vorteile:
Zulieferer können auch Mengen oberhalb der Beimischungsquote in den Verkehr bringen. Mit einer Book-and-Claim Anrechnung könnte ein Zulieferer die Herkunftsnachweise von Produktionsmengen oberhalb der Quote an andere Zulieferer verkaufen. Dies würde die Erfüllung der Quote industrieweit vereinfachen.
Auch Nutzer nachhaltiger Flugkraftstoffe könnten so leichter Mengen oberhalb der Beimischungsquote erwerben. Die vereinfachte Anrechnung würde administrative Kosten für die Nutzer verringern und so auch letztendlich die Akzeptanz nachhaltiger Flugkraftstoffe erhöhen.
EU ETS
Eine Anpassung des EU ETS kann unter den richtigen Bedingungen die Entwicklung nachhaltiger Flugkraftstoffe begünstigen. Je größer die geografische Reichweite eines Emissionshandelssystems, desto eher entsteht ein Level-Playing Field. Deshalb begrüßen wir die Einbeziehung verschiedenster internationaler Anreizsysteme, beispielsweise von CORSIA. Die Wirksamkeit des EU ETS sollte hierdurch aber nicht abgeschwächt werden.
Die Anrechnung nachhaltiger Flugkraftstoffe muss im EU ETS möglich sein. Dies kann mithilfe einer Book-and-Claim Anrechnung deutlich vereinfacht werden (vgl. Abschnitt zur Beimischungsquote).
Auch ein verhältnismäßig hoher Zertifikatspreis wird noch nicht den Preisunterschied zwischen Kerosin und nachhaltigen Flugkraftstoffen aufwiegen können. Deshalb sollten die Einnahmen aus dem EU ETS eingesetzt werden, um Abnehmer und Produzenten finanziell zu entlasten. Dies kann durch Kohlenstoff-Differenzverträge (Carbon-Contracts for Difference) oder eine Reduzierung des Investitionsrisikos für Kraftstoffe mit großem Entwicklungspotenzial (beispielsweise PtL) erreicht werden.
EU ETD
Der Luftverkehr trägt über seine Teilnahme am EU ETS zur Reduzierung der Klimawirkung in der EU bei. Der Fokus hierbei sollte auf der Einführung von nachhaltigen Flugkraftstoffen liegen. Vor dem Hintergrund der hierzu benötigten Aufwände sollten keine finanziellen Mittel in Maßnahmen gebunden werden, die nicht der SAF Förderung dienen. Darüber hinaus sind sind derzeit nachhaltige Flugkraftstoffe nur als Beimischung von maximal 50% zu konventionellem Kerosin zugelassen. Insofern würde auch jeder Einsatz von nachhaltigen Flugkraftstoffen in einem gewissen Ausmaß besteuert werden.
Aus diesen Gründen halten wir die Einführung einer Kerosinsteuer für nicht zielführend.
Als Alternative schlagen wir die Entwicklung von Kohlenstoff-Differenzverträgen und eine Reduzierung des Investitionsrisikos neuer Produktionsanlagen zum Markthochlauf nachhaltiger Flugkraftstoffe vor. Statt wirtschaftlicher Nachteile durch negative Anreize sollte die Transformation zum nachhaltigen Luftverkehr unterstützt werden.
RED II/III
Wir halten die Erhöhung des Minderungsziels für sinnvoll. Wichtig ist, dass möglichst viele Rohstoffoptionen für die Produktion nachhaltiger Flugkraftstoffe zur Verfügung stehen. Von zentraler Bedeutung hierbei ist, dass diese Rohstoffoptionen den aktuellen Nachhaltigkeitskriterien genügen und eine Nutzungskonkurrenz (beispielsweise zu Nahrungsmitteln) mit Sicherheit ausgeschlossen ist.
Wir begrüßen die Opt-in Möglichkeit für den Luftverkehr, insbesondere da hier erneuerbare Energieträger eine besonders wichtige Rolle bei der Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs spielen. Nachhaltige Flugkraftstoffe reduzieren nicht nur die CO2 bezogene Klimawirkung des Luftverkehrs, sondern auch weitere Effekte wie die Bildung von Kondens-Zirren und Stickoxid-Emissionen (1).
(1) Voigt, C., Kleine, J., Sauer, D. et al. Cleaner burning aviation fuels can reduce contrail cloudiness. Commun Earth Environ 2, 114 (2021). https://doi.org/10.1038/s43247-021-00174-y
(2) World Economic Forum (2020): Clean Skies for Tomorrow. Sustainable Aviation Fuels as a Pathway to Net-Zero Aviation. Unter Mitarbeit von Kevin Soubly, Christoph Wolff, Lauren Uppinnk, Daniel Riefer, Clemens Kienzler, Alex Dichter und et al. https://www.weforum.org/reports/a356c865-311e-45ca-845d-efe5f762a820
(3) SkyNRG (2021): SAF Market Outlook. SkyNRG’s Perspective on the ReFuelEU Aviation initiative Proposal. Unter Mitarbeit von SkyNRG. Hg. v. SkyNRG. SkyNRG. Amsterdam. https://skynrg.com/a-market-outlook-on-sustainable-aviation-fuel/